Fahrtenberichte

Bericht: 8. - 15.03.2020 Skifahren auf dem Balkan, Catskiing in Mazedonien

Ein Erlebnisbericht von Christoph Lindemann

Vor einigen Jahren bin ich beim Lesen eines Artikels in der Sonntagsausgabe der FAZ auf die Möglichkeit von Catskiing in Mazedonien aufmerksam geworden. Und das in Europa, im ehemaligen Jugoslawien, ich fand es sehr interessant. Catskiing ist die günstige Alternative zu Heliskiing. Statt mit einem Hubschrauber wird man mit einer Pistenwalze im freien Skigelände bergauf befördert. Erst war ich skeptisch, ob es so weit südlich auch genug Schnee gibt. Die Berge sind zumindest ausreichend hoch. Der Talort, Popova Shapka, liegt auf ca. 1700 m und die Gipfel reichen bis auf ca. 2700 m. Das sollte ausreichen. In den letzten Jahren beobachtete ich die Schneelage über diverse sozialen Medien und Webcams. Es gibt nämlich sogar ein Skigebiet dort. Da sind Webcams heutzutage nicht weit. In den letzten Wintern war immer mehr als ausreichend Schnee vorhanden und es herrschten immer gute bis sehr gute Bedingungen.

Somit entschied ich mich diesen Winter das kleine Abenteuer auf dem Balkan anzugehen. Im Herbst erzählte ich ein paar Allgäuer Freunden von meinem Plan. Schnell fanden sich weitere Weggefährten, ein lustig zusammengewürfelter Haufen von 7 skibegeisterten Männern. Also buchte ich für uns alle bei „SharOutdoors“, einem lokalem Anbieter. Neben Freeriden mit Pistenwalzentranport planten wir auch ein paar Tage nur mit Tourenskiern aufzusteigen. Die Skitouren wollten wir von einer Hütte des Anbieters machen. So war der Plan, zwei bis drei Tage auf Skitour mit Hüttenübernachtung und die restliche Woche Freeriden und im Hotel in Popova Shapka übernachten. Aber leider war nicht nur in den Alpen die Schneelage in diesem Winter bescheiden. Auch der Balkan wurde nicht mit Schnee überschüttet. Gerade rechtzeitig Ende Februar kam genug Schnee. Unserer Reise stand damit nichts mehr im Wege. Leider mussten wir die Hüttenübernachtung streichen. Die Hütte liegt deutlich niedriger als Popova Shapka und für Skitouren von dort reichte der gefallene Schnee leider nicht. Auch das Skigebiet ging in diesem Winter nicht in Betrieb. Dort gibt es keine Beschneiungsanlagen.

Trotzdem flogen wir Anfang März mit frohen Erwartungen von Friedrichshafen nach Skopje.
Es war bereits später Abend, als wir landeten. Der Transport mit Kleinbus, von SharOutdoors organisiert, funktionierte tadellos. Etwas müde checkten wir in unserem Hotel Scardus ein. Am nächsten Morgen zum Frühstück begrüßte uns Danko, unser Leadguide. Es hatte tatsächlich frisch geschneit. Wir fanden ein kleines Winterwonderland vor. Danko gab uns eine umfangreiche Sicherheitseinweisung mit den wichtigen Verhaltensregeln. Außerdem stimmten wir den groben Plan für die Woche ab. Die ersten Tage sollten noch recht kühl werden, mit wechselnder und teilweise recht dichter Bewölkung. Für die zweite Wochenhälfte kündigte sich wärmeres Wetter mit viel Sonnenschein an. Danko schlug somit vor die ersten drei Tage ausschließlich mit dem Snowcat unterwegs zu sein, um bei dem wechselnden Wetter die größte Flexibilität zu haben. Gesagt getan, die ersten drei Tage hatten immer den gleichen Ablauf. Pünktlich um 9 Uhr fuhren die Snowcats am Hotel los. Den ersten Tag machten wir die Nordhänge, in der Nähe des ruhenden Skigebietes unsicher. Hier konnten wir immer wieder in Waldpassagen abfahren. Das verbesserte die Sicht. Allerdings herrschten hier anspruchsvollere Schneebedingen mit etwas Bruchharsch, im Gegensatz zu feinstem Pulver oberhalb der Waldgrenze. Mittags machten wir immer im Gelände Picknick. Jeden Morgen wurde eine vorgekochte Mahlzeit für die Gruppe mit in das Snowcat geladen.

Das Wetter wurde, wie vorhergesagt, jeden Tag besser. Die Temperaturen stiegen, dadurch löste sich der Bruchharsch im Wald auf. Der dritte Tag war das absolute Highlight. Nordseitig fanden wir nach wie vor Pulverschnee und südseitig bildete sich, dank der Sonne, Firn. Was will man mehr. Was sehr überraschend für mich war, ist die geringe Wartezeit. Bei den meisten Abfahrten war das Snowcat zur gleichen Zeit am Sammelpunkt und das, obwohl wir immer sehr zügig die Abfahrten angegangen sind. Die Skitage wurden entspannt auf der Sonnenterasse oder an der Bar beendet. Wer wollte konnte vor dem Abendessen in das Hallenbad oder sich in der Saune erholen.

Aber März 2020, da war noch was. Auch wir spürten in Mazedonien die anrollende Covid-19 Pandemie. Mitte der Woche wurde die Sauna auf behördliche Anweisung geschlossen. Einen Tag später mussten in Mazedonien die Restaurants schließen. Unser Hotel durfte nur noch Hotelgäste bewirten. Jeden Morgen und Abend tauschten wir uns Corona Informationen aus der Heimat aus. Unser Rückflug sollte Gott sei Dank nicht gestrichen werden.

Aber zurück zur eigentlichen Sache. Die zweite Wochenhälfte wurde mit Skitourengehen verbracht, wobei wir das Snowcat auch noch benutzten. Den erste Aufstieg vom Hotel machten wir entspannt motorisiert. Die erste Abfahrt war also gesichert. Nichts desto trotz hieß es dann Felle aufziehen und mit Muskelkraft aufsteigen. Auch das konnten wir genießen. Danko führte uns am vierten Tag in eine unbefahrene Rinne mit Pulverschnee. Über zwei weitere Aufstiege mit Fellen und Abfahrten ging es zurück zum Hotel. So kamen wir auf 1800 hm Abfahrtsspaß bei 1200 hm Aufstieg aus eigener Kraft. Der fünfte Tag führte uns an die Grenze zum Kosovo. Im Snowcat und mit Zwischenabfahrten fuhren wir Richtung Westen, bis an die Grenze. Einem herrlichen Firnhang, auf kosovarischer Seite, konnten wir nicht wiederstehen. Allerdings war das ein illegaler Grenzübertritt. Für den Kosovo braucht man ein Visum. Naja, es war weit und breit keine andere Menschenseele in dem Gebiet unterwegs. Außerdem sind wir mit Fellen schnell wieder auf die mazedonische Seite zurückgelaufen. Am Nachmittag befuhren wir noch ein paar weitere traumhafte Firnhänge, ehe wir mit dem Snowcat die Rückfahrt in Angriff nahmen. Der sechste Tag war dann etwas ruhiger. Wir machten ein paar Abfahrten und Aufstiege im Bereich des geschlossenen Skigebiets und beendeten den Skitag am späten Mittag. Wir mussten ja noch packen und nach Skopje fahren.

Eigentlich wollten wir diese tolle Woche mit einem schönen Abend in der Altstadt von Skopje abschließen. Daraus wurde leider nichts. Alle Restaurants und Bars waren aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen. Metodi, der Eigentümer von SharOutdoors, organisierte uns noch ein Abendessen im Hotel, damit wir nicht hungrig ins Bett gehen mussten. Da unser Flug erst am Rückreisetag nachmittags ging, nutzen wir den Tag für etwas Sightseeing in Skopje. Danko, unser Guide, hat uns freundlicherweise auch hier souverän durch seine Heimatstadt geführt. Er konnte sogar einen Restaurantbesitzer überreden uns ein Mittagessen anzubieten. Dafür mussten wir aber heimlich im oberen Stockwerk des Restaurants sitzen. Ohne Probleme ging es am Nachmittag mit dem Flugzeug zurück nach Friedrichshafen, im Landeanflug mit einem schönen Ausblick auf das Oberallgäu und unsere Hausberge.
   
Wenn man die Pandemie bedingten Beeinträchtigungen ausblendet, war das kleine Abendteuer in Mazedonien absolut eine Reise wert. Die Wahl vor Ort auf einen lokalen Anbieter zurück zu greifen war ein Glücksgriff. Danko unser Guide hat sehr kompetent und umsichtig geführt. Außerdem hat er immer sehr flexibel auf unser Wünsche und Gegebenheiten reagiert. Die Snowcats sind in einwandfreiem Zustand. Das ganze Team von SharOutdoors ist sehr zuvorkommend und kundenorientiert. Zum Beispiel wurden meine Skier, nach dem ich mir einen kapitalen Kratzer an einem Fels reingezogen habe, über Nacht ungefragt ausgebessert. Im Winter 2021, aber spätestens 2022 habe ich vor eine solche Reise im Skiclub anzubieten. Es würde mich freuen, wenn sich auch eine lustige Gruppe von Hessinnen und Hessen (nicht Hessen sind natürlich auch gerne willkommen) zusammenfindet, um das kleine Abenteuer zu wiederholen. Bei Fragen könnt ihr euch gerne an mich wenden, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!