Fahrtenberichte

Bericht: 8. – 15.03.2020 Schnee, Sonne und fünf kurze Schwünge

Der Friedberger Skiclub genoss die letzte Woche der Winter-Saison im Schweizer Engadin.

Es ist ein Blick, den kein Reisender so schnell vergisst. 4049 Meter hoch, mit schneebedecktem weißem Rücken, thront der Piz Bernina zwischen Piz Roseg (3937 Meter) und Bellavista (3922 Meter über Meeresspiegel) in den Hochalpen des Schweizer Engadin, nur ein paar Kilometer von der italienischen Grenze entfernt. Weiß dominiert hier oben, ewiges Eis, glänzende Gletscher und endlose Bergketten vor tiefblauem Himmel, bis zum Horizont. Strahlende Sonne, nur ab und zu bleibt ein weißes Federwölkchen an den Felswänden der Riesen hängen. Erhabenheit strahlt das aus, wenn nicht gar ein Gefühl von Ewigkeit.

Den grandiosen Blick von der Bergstation der Diavolezza in der Südschweiz hatten sich die Mitglieder des Friedberger Skiclub dieses Mal bis zum Freitag aufgehoben. Nicht ahnend, dass es der letzte Tag in der Alpin-Ski-Saison 2020 sein würde. Zum Schutz vor weiterer Verbreitung des Corona-Virus hat die Schweiz am darauffolgenden Tag alle Lifte und Gondeln geschlossen. Die Friedberger haben gerade noch die letzten Saison-Woche in dem Engadiner Skiparadies genossen.

Die Reise ist alljährlich ein Höhepunkt des Vereinslebens. Mit rund 800 Mitgliedern ist der Skiclub längst kein reiner Skiclub mehr, er bietet von Wandern, Volleyball bis Qui-Gong alle möglichen Sportarten an. Die Fahrt nach Pontresina, in einem Nachbartal von St. Moritz gelegen, ist seit rund 50 Jahren Tradition. Über 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren diesmal dabei. Das Interesse steigt wieder. Vor allem, seit es auch noch eine geführte Wandergruppe gibt, die jeden Tag neue Wege durch die Winterlandschaft von Pontresina und dem Nachbartal von St. Moritz erkundet.

“Immer erst nach oben schauen, ob frei ist”, trichtert Gruppenleiter Stephan Adam am ersten Skitag seinem Abfahrt-Trüppchen ein, „stehen bleiben nur am Rand, und zwar richtig am Rand”. Die zehn FIS-Regeln zur Rücksicht auf Pisten dienen dem eigenen Schutz. Adam kennt sie und er weiß auch, wie er den Wetterauern das Skifahrern beibringt. Als ausgebildeter Skilehrer erklärt er: “elastisch in die Knie, nicht zu steif, das Schienbein muss gegen den Schuh drücken, immer den Außenschi belasten.”

Gar nicht so einfach, wenn das Schneetreiben so dicht ist, dass man den Untergrund gar nicht mehr erkennt. Da lehnt man sich dann doch aus Angst nach oben, und schon sind die Schi über Kreuz. So einen garstigen Schneetag gab es allerdings nur am Dienstag. In der übrigen Woche zeigte sich das Wetter so, wie es die bodenständigen Hessen von ihrem mondänen Ausflugsrevier gewohnt sind: Sonne, viel Schnee, nicht zu viele Menschen und perfekt planierte Pisten.

“Fünf lange Schwünge, und dann fünf kurze”, ist am Mittwoch die Aufgabe, heute mal im Corvatsch-Gebiet, dem Hausgelände von St. Moritz. Es klappt, der Rhythmus bringt Flow, ein Hochgefühl. Solche Momente sind jedenfalls die rund 1200 Euro wert, die Mitreisende für Skipass und Hotel mit Halbpension bezahlen. Ein Sonderpaket, das der Skiklub alljährlich mit dem Sporthotel Pontresina ausmacht.

Die schönen Abendessen sind es ebenfalls wert: “Rindschmorbraten an Apfelmostsauce und Kartoffel-Selleriestock”, steht da etwa auf der Speisekarte. Oder “bunte gegrillte Gemüsespieße mit Mangosalsa” für Vegetarier. Alles sehr lecker und auf hohem gastronomischem Niveau. Aber das Beste ist der Austausch. Die meisten kennen sich schon viele Jahre, wer neu dabei ist, ist rasch integriert. Familienanschluss sozusagen. Es wird gelacht, aber auch viel Persönliches erzählt.

Es ist eben doch etwas Anderes, wenn ein Verein unterwegs ist, und nicht einfach ein Reiseveranstalter alles geplant hat. Stephan Adam, der auch Vereinsvorsitzender ist, hängt ebenso wie seine Mitstreiter viele ehrenamtliche Stunden in Organisation und Vorbereitung. Seit 2005 organisiert er die Fahrt, führt die größte Skigruppe der mittelguten Fahrer und geht auf Skilehrgänge.

“Ich mache das vor allem, um der Vereinzelung und dem Trend zur Unverbindlichkeit in unserer Gesellschaft gegenzusteuern”, sagt der 62-Jährige. Im Verein werde Zusammenhalt gefördert, füreinander Einstehen, man verpflichte sich.

Nur schade, dass das sich ausbreitende Corona-Virus das Highlight der gemeinschaftlichen Tour, den letzten Abschiedsabend, zunichtemachte. Die Gruppe reiste angesichts der schließenden Landesgrenzen und immer neuer Restriktionen einen Tag früher ab. Vereinsmitglied Juan Gerstberger hatte extra seine Gitarre mitgebracht. Schade. Aber die geprobten Lieder samt neu gedichteter Texte kommen ja vielleicht nächstes Jahr zur Aufführung.

Angela Hussla